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„Man merkt, dass man etwas bewirkt“

Bei einer feierlichen Preisverleihung wurde der Ethica Impuls Award 2013 an den Unternehmer Joseph Wilhelm und das studentische Leseprojekt „KonText“ verliehen 

Ein Friedenszeichen neben dem Nummernschild und ein psychedelisches Regenbogenmuster auf der Fahrertür – in einem kunterbunt bemalten VW-Bus fuhr Joseph Wilhelm vor fast 40 Jahren zu den Bauern in seiner Region. Damals wollte er sie davon überzeugen, für sein neu gegründetes Unternehmen, die Rapunzel Naturkost GmbH, Bio-Gemüse anzubauen.

Heute beschäftigt Wilhelm rund 300 Mitarbeiter, sein Unternehmen macht mit dem Vertrieb von vegetarisch-biologischen Lebensmitteln Millionenumsätze. Die Ideale aber sind dieselben geblieben: Förderung biologischer Landwirtschaft, Reduzierung von Energieverbrauch zugunsten der Umwelt und faire Entlohnung auch für Mitarbeiter im Ausland.

Für dieses unternehmerische Engagement nahm Joseph Wilhelm am 12. November in den Räumen der Hochschule München bei einer feierlichen Preisverleihung den Ethica Impuls Award entgegen – und bedankte sich herzlich in seiner Rede: „Danke sagen gibt mir Energie.“

Den Ethica Impuls Award vergibt die Hochschule München in Zusammenarbeit mit dem gemeinnützigen Verein Ethica Rationalis e.V. in diesem Jahr _DSC4318zum zweiten Mal an Menschen, die sich für die Gesellschaft engagieren. Biopionier Wilhelm wurde in der Kategorie „Established“ in seiner Vorbildfunktion als Unternehmer ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Fritz Lietsch, Chefredakteur des Magazins „forum Nachhaltig Wirtschaften“. Auch er engagiert sich seit langem im Bereich Ökologie und Umwelt und gehört als Gründer des Altop-Verlags zu den Vorkämpfern in diesem Bereich.

„Wir wollen, dass auch unsere Studenten ethisch begründet handeln“, betonte Prof. Dr. Gabriele Vierzigmann, Vizepräsidentin der Hochschule, in ihrer Rede zur Preisverleihung. In der Kategorie „Youngsters“ für junge, innovative Konzepte zeichnete die Jury deshalb das studentische Projekt „KonText“ aus. Seit zwei Jahren unterstützen Studierende der Hochschule hier unter der Leitung von Prof. Dr. Caroline Steindorff-Classen durch Lesegruppen und Einzelbetreuung junge Menschen, die vom Jugendrichter wegen einer Straftat zum Lesen eines Buches verpflichtet wurden. „Klassische Arbeitsstunden werden von den Jugendlichen oft als erniedrigend wahrgenommen“, so Steindorff-Classen, die bei der Preisverleihung auch die Laudatio auf die Studenten hielt. „Unser Buchprojekt bietet dazu eine sinnvolle Alternative.“ Marco Gäbler nahm die Auszeichnung in Vertretung für seine zwölf Kollegen von KonText entgegen. Ethica Rationalis belohnte das Engagement der „Youngsters“ mit einer Vereinsgründung: Vorstandsmitglied Michael Winkler hat in Zusammenarbeit mit der renommierten Kanzlei White & Case alles in die Wege geleitet, dass KonText in Zukunft als gemeinnützig anerkannter Verein organisiert wird, was die Finanzierung über Spenden wesentlich erleichtert und zudem bei den Gerichten eine bessere Position ermöglicht.

KontextZwischen 30 und 40 Studenten engagieren sich jedes Semester als Lesementoren, besprechen die Bücher und begleiten so auch die persönliche Entwicklung der Jugendlichen. Eine von ihnen ist Soraya Keitel, die den Ethica Impuls Award zusammen mit ihren Kommilitonen entgegennahm. „Wenn man nach ein paar Stunden merkt, wie sich langsam eine Beziehung zu den Jugendlichen aufbaut, ist das ein tolles Gefühl“, sagt die 25-Jährige, die an der Hochschule „Soziale Arbeit“ studiert. „Man merkt, dass man wirklich etwas bewirkt.“ Manche der Jugendlichen haben vor dem Leseprojekt noch nie ein Buch gelesen. Keitel ist sich sicher: „Durch die Lektüre kommen die Jugendlichen ins Nachdenken, denn Geschichten berühren jeden.“ Sie überlegt, sich bei KonText auch nach dem Studium weiter zu engagieren.

Sei es die Aufklärung über nachhaltige Landwirtschaft durch Biopionier Wilhelm oder die pädagogische Begleitung bei KonText – die Idee des Lehrens und Lernens zog sich als roter Faden durch die gesamte Preisverleihung. „Studierende sollen bereits während der Ausbildung einen eigenen Wertekompass für sich definieren“, betonte Prof. Dr. Angela Poech, Vorstandsmitglied von Ethica Rationalis, in ihrer Abschlussrede. Seit einem Jahr bietet die Hochschule deshalb mit dem ETHIKUM eine eigene Zusatzqualifikation an, mit der sich Studenten durch Kurse zu wertbasierter Unternehmensführung und Grundfragen der Philosophie ethisch weiterbilden können.

Autorin: Eva Thöne