Durch die schnellen Fortschritte in den Bereichen Technologie und Kommunikation der letzten Jahrzehnte hat sich die Welt zu einer globalen und stark vernetzten Gemeinschaft entwickelt. In einem Zeitalter, das mit nichts, was bisher dagewesen ist, vergleichbar wäre, und in dem politische und ökonomische Ereignisse in einer Region der Welt bedeutsame und zuweilen tragische Auswirkungen in tausenden Kilometern Entfernung haben, kann es sich keine Nation der Erde mehr leisten, ein Eiland des Wohlstandes inmitten eines Meeres von Leid und Elend zu bleiben. Vor diesem Hintergrund einer Welt, die von sich auflösenden Grenzen, aber auch von verfeindeten Ideologien gekennzeichnet ist, stellt sich die Entwicklung und Formulierung eines universalen und rationalen ethischen Verhaltenskodex als dringende Notwendigkeit dar, die nicht länger ignoriert werden kann.
Als Bürger einer globalen Welt sollte es den Menschen doch gelingen, die rassischen, kulturellen, politischen und religiösen Unterschiede, die sie spalten, zu überwinden und sich stattdessen auf die Dinge zu konzentrieren, die die gesamte Menschheit auf universale Weise verbindet.
Als Erwachsene, die wir in einer immer komplexeren Welt leben, sollten wir nicht nur versuchen, die Gemeinsamkeiten zu entwickeln und zu stärken, die unser Leben ausmachen, sondern auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die heranwachsende Generation eine Gedankenschulung erhält, die die Voraussetzung für eine Atmosphäre von Frieden und Wohlstand, auch für zukünftige Generationen, bildet.
Das Erbe der zivilisierten Menschheit beruht auf der Erkenntnis, dass ein jedes Mitglied der menschlichen Gemeinschaft eine naturgegebene Würde und unveräußerliche Rechte hat. Diese grundsätzliche Einsicht stellt die Basis dar, auf der eine globale Ethik entwickelt werden kann – eine Ethik, die nicht nur pragmatisch ist, sondern vor allem rational, das heißt, auf Vernunft basierend und damit an die moderne Zeit angepasst. Diese Aufgabe in Angriff zu nehmen, bedeutet nicht zwingend, dass die Unterschiedlichkeit möglicher Perspektiven verneint wird, sondern zeugt vielmehr von der Notwendigkeit, einen offenen Dialog zu führen, das Bewusstsein zu erweitern und die essentielle Natur des menschlichen Geistes besser zu verstehen.
Mit der Globalisierung geht eine Unzahl komplexer Probleme einher, die neue Lösungsansätze erfordern. Diese Lösungen sollten auf Ideen, Werten und Normen basieren, die von allen Kulturen und Gesellschaften respektiert werden. Die globalen gegenseitigen Abhängigkeiten erfordern, dass die Menschen untereinander in Harmonie leben, was wiederum nur auf der Grundlage von Selbstbeschränkung möglich ist. Wie die Geschichte wiederholt gezeigt hat, kann eine solche Beschränkung nicht dadurch zustande kommen, dass jeder auf seinen individuellen Rechten beharrt. Vielmehr muss sie in persönlichem Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein gründen, die wiederum in Bezug zu allgemein gültigen und verbindlichen Normen ethischen Verhaltens stehen. Da Rechte und Pflichten untrennbar miteinander verbunden sind, ist der eine Teil bedeutungslos, wenn nicht der andere mit berücksichtigt wird. Daher stellt die Entwicklung einer allgemeingültigen globalen Ethik die Menschen vor die Aufgabe, sich mit ihren Pflichten und Verpflichtungen ebenso wie mit ihren fundamentalen Rechte und Freiheiten intensiv gedanklich auseinanderzusetzen.
Indem die Menschen all das, was sie von Natur aus an Gemeinsamkeiten aufweisen, kultivieren und stärken, wird die Grundlage für ein Leben in Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit geschaffen, das dem Einzelnen zugleich ermöglicht, sein unbegrenztes Potential zur Selbstverwirklichung zu realisieren. Ethische Eigenschaften, wie Wohlwollen, Mitgefühl und Toleranz, sind in Wahrheit Tugenden, die jede Ideologie oder jedes Glaubenssystem transzendieren, und es besteht kein Zweifel darüber, dass die Umsetzung dieser Tugenden im täglichen Leben auch ohne die Zugehörigkeit zu einer besonderen ethnischen, kulturellen oder religiösen Gruppe möglich ist.
